Die Entscheidung im Rat ist gefallen. Nun gilt es, konstruktiv mit der Entscheidung umzugehen. Leider konnten viele Interessierte aufgrund der begrenzten Anzahl an Plätzen für Zuschauer*innen in der Sitzung jedoch nicht die Debatte verfolgen, die in der Stunde vor der Entscheidung stattfand. Deswegen möchte die Grüne Ratsfraktion ihr Redemanuskript nicht für sich behalten, sondern allen zugänglich machen.
Wie üblich gilt das gesprochene Wort, das Manuskript ist nicht zu 100% identisch mit dem in der Sitzung gesagten und enthält auch nicht die folgende Diskussion. Weitere Punkte, etwa der Umstand, dass die Verwaltung nicht die Kapazitäten hat, einen Neubau vernünftig abzuwickeln, sind im Rat angesprochen worden, aber im Text nicht erwähnt.
ANFANG [Bruno Heinz-Fischer]
Mit der Gründung der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule zum Schuljahr 2016/17 ist das Angebot an weiterführenden Schulen in Schwerte klar strukturiert, dem Bedarf angepasst und damit zukunftsfähig gemacht worden: 2 Schulformen (Gesamtschule, Gymnasium) mit jeweils 2 Vertretern bieten den Eltern eine gute Auswahl bei ihrer Entscheidung am Ende der Grundschulzeit.
Wir brauchen die TFG, die seit 5 Jahren eine engagierte Arbeit leistet. Das tut sie bislang unter denkbar ungünstigen Bedingungen.
Wir verstehen die Position der Schule und der Eltern. Sie haben zu Recht den Eindruck, dass sie nach der Gründung bislang durch Verwaltung – und, ja auch durch die Politik – vernachlässigt worden sind. Umso verständlicher ist, dass Schulleitung, Kollegium und Eltern der TFG für ihre Interessen eintreten und auf eine rasche Lösung drängen. Auch hiermit zeigt sich, wie sehr sie sich mit der Schule identifizieren. Die Schule spricht sich für einen Neubau an einem neuen Standort aus.
Wieso dann unser grüner Antrag auf Beibehaltung des Standortes?
Der Antrag geht davon aus, dass auch an diesem Standort ein Gebäude errichtet werden kann, mit dem die TFG gut für ihre Aufgaben ausgestattet sein wird und in dem die Schule ihr pädagogisch-didaktisches Konzept umsetzen können wird.
Die Entscheidung, die der Rat zu treffen hat, wird weitreichende Auswirkungen über die TFG hinaus haben. Deshalb muss der Rat umfassend abwägen zwischen den vier Aspekten Standort, Finanzen, Klima und Umwelt sowie Bauzeit und Abwicklung der Baumaßnahme. Unabdingbar bei dieser Abwägung: Die Schule erhält eine angemessene, gute bauliche Ausstattung für ihre vielfältigen Aufgaben.
Zu den 4 Aspekten werden jetzt andere Fraktionsmitglieder vortragen.
NATUR, KLIMA [Heilwig Donner]
Als Politikerinnen und Politiker in Schwerte muss das gemeinsame Ziel sein, Schwerte langfristig zukunftssicher aufzustellen – den folgenden Generationen im Sinne von Natur- und Klimaschutz eine möglichst gute Basis zu hinterlassen.
Diese Verpflichtung bezieht sich selbstredend im Besonderen auf unsere städtebaulichen Entscheidungen, wir haben es in der Hand sorgsam mit den ökologischen Ressourcen umzugehen, Schutzgebiete zu erhalten, Neuversiegelungen zu vermeiden, die CO2-Neutralität anzustreben.
Die TFG könnte und sollte in diesem Sinne ein Leuchtturmprojekt für Schwerte werden. Am vorhandenen Standort nachhaltig neu- und/oder umgebaut gibt es keinen weiteren Flächenfraß und schon erst recht nicht in Landschafts- oder gar Naturschutzgebiete hinein. Die zentrale Lage verhindert einen neuerlich steigenden Ausstoß von CO2 durch zB Elterntaxen. Die Zuwegung ist vorhanden, die Busrouten bleiben bestehen.
All dies träfe auf außerhalb der Stadt gelegene Baustandorte und den avisierten Standort Zum großen Feld/ Holzen eben nicht zu, wo dem LSG Wannebachtal gem §21a) und b) LG NW im Schutzzweck eine besonders reiche Vielfalt attestiert wird – welches darüber hinaus als Pufferzone in Richtung des angrenzenden NSG dient.
Das LSG Wannebachtal soll also „dem Erhalt und der Wiederherstellung stabiler, regenerationsfähiger und dynamischer Kreisläufe im Naturhaushalt dienen“, und die Region des Wannebachs, seiner Zuläufe und das NSG 3 ergänzen und abpuffern.
Tatsächlich handelt es sich hier um ganz heterogene Flächen, relativ kleinteilige Felder, welche teils verwinkelt, durch Hecken oder Siepen und teils auch Baumreihen unterbrochen sind, dahinter immer wieder eingestreut kleinere und größere Feuchtbiotope und Wiesen. Flora und Fauna von LSG und NSG jetzt en detail zu beschreiben würde sicher zu weit führen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass ein kurzer Rundgang am Planungsstandort die Absurdität, hier 30.000qm Fläche zu versiegeln und der Natur zu entnehmen deutlich macht, wenn gleichzeitig ein alter Standort existiert, der die Chancen einer zeitgemäßen und nachhaltigen Beplanung birgt.
Gleiches gilt für die beiden weiteren vorgeschlagenen TFG – Neubaustandorte in Aussenbereichen, Flächenversiegelung ohne Not.
Die AGON Schwerte äußerte sich bereits vor Jahrzehnten eindeutig zum Thema Flächenverbrauch in Schwerte, nachzulesen auf der AGON Seite im Netz. Sehr schade, dass auch heute noch zu Zeiten des Klimawandels die Natur das Nachsehen haben soll. Schließlich sind ja Schwertes Freiraumflächen endlich und machen aber unsere Stadt gleichzeitig hochattraktiv!
Junge Menschen im Alter der Schülerinnen und Schüler der TFG fordern uns zurecht auf, durch Klimaschutz heute ihre Freiheit von morgen und übermorgen zu sichern.
Hierzu gibt es ein sehr aktuelles Urteil aus Karlsruhe – wir müssen dies auch in Schwerte zu unserer Maxime machen, auch bei der Entscheidung über die TFG.
BAULICHES, ZEITSCHIENE [Michael Rotthowe]
Fragen der Bauplanung und der Zeitschiene bis zur Fertigstellung sind zentral bei der Bewertung von Schulbauten, gerade im Fall der TFG. Laut Schulentwicklungsplan aus dem Sommer 2019 fehlen der Schule etwa 1000 Quatratmeter Unterrichtsraum. Auch die Aufteilung der vorhandenen Räume ist nicht optimal für eine integrierte Gesamtschule. Die Zeit drängte vor zwei Jahren, sie drängt jetzt noch viel mehr. Die Oberstufe geht Ende 22 an den Start, dann wird die Schule etwa 830 Schülerinnen und Schüler haben. Der Vollbetrieb mit allen Jahrgangsstufen und etwa 1000 Schülerinnen uns Schülern steht im Spätsommer 2024 an, also in dreieinhalb Jahren. Darauf haben wir früh hingewiesen. Die TFG ist zu klein, die Raumnot ist drängend.
Im Juni 2020 wurde im Schulausschuss ein erster Vorentwurf für eine Sanierung und Erweiterung der TFG vorgestellt. Aufgrund der hohen Kosten wurde dort die Frage aufgeworfen, ob ein kompletter Neubau nicht wirtschaftlicher wäre. Das Ergebnis ist das KVL-Gutachten aus dem Januar dieses Jahres. Die ursprüngliche Frage, ob ein Neubau nicht günstiger wäre, beantwortet es eindeutig: Nein. Ein Neubau kostet etwa das Doppelte. Aber auch auf die Frage, ob der Schulbetrieb nach Abschluss der Baumaßnahmen im Spätsommer 2024 aufgenommen werden kann, gibt das Gutachten eine eindeutige Antwort. Das geht nur bei einer Sanierung und teilweisem Neubau am bestehenden, bestens geeigneten Standort. Bei einem Neubau, ob dort oder auf der grünen Wiese, kann der Termin, auch wenn wirklich alles perfekt läuft und bereits im Februar so entschieden worden wäre, nicht gehalten werden. Frühester Termin für einen Komplettumzug ist das Jahr 2026. Bis mindestens dahin müsste die Schule in einem Gebäude bleiben, das zu klein und falsch aufgeteilt ist. Die Schule wird bis dahin ihre Kapazitätsgrenze überschritten haben und aus einem alten Gebäude und einem Containerdorf bestehen.
Aber auch dieser Termin ist nicht einmal ansatzweise realistisch. Beim angedachten Standort Am Großen Feld in Holzen fehlen noch wichtige Vorarbeiten. Ein erfolgter Kauf des Grundstücks wird im Gutachten als gegeben vorausgesetzt, ist aber noch nicht erfolgt. Es fehlen noch Bodengutachten, Umweltgutachten, Schadstoffgutachten, eine Altlastenanalyse und die Frage, ob Hinterlassenschaften der Bombenangriffe auf Bahnhof und Nickelwerke im Boden schlummern, kann vor Beginn der Erdarbeiten noch nicht geklärt werden. Das bringt Verzögerungen mit sich, außerdem sind seit Vorstellung des Gutachtens 3 Monate vergangen. Der Termin ist nicht mehr zu halten.
Im Vergleich zu der am bestehenden Standort notwendigen Änderung des Bebauungsplans muss hier der Flächennutzungsplan geändert und ein vollständig neuer Bebauungsplan aufgestellt werden, wodurch sich die Verfahrensdauer signifikant erhöht. Zusätzlich besteht das Risiko, dass die gesetzlich vorgesehenen Einspruchsmöglichkeiten hier genutzt werden, so dass weitere Verzögerungen wahrscheinlich die Folge sind. Das Risiko ist Am Großen Feld, auch aufgrund der desaströsen Informationspolitik der Verwaltung gegenüber den Anwohner*innen, fast eine Gewissheit. Hinzu kommt, dass der Standort ungeeignet ist. Schulwege würden länger, eine Integration in den Stadtteil Holzen wäre kaum gegeben. Eine Erschließung müsste durch enge Anwohnerstraßen führen. Auch das kann langwierige Klagen nach sich ziehen. Genauso problematisch ist die geplante Erschließung über die Wannebachstraße. Der geplante Schulstandort befindet sich „nur“ in einem Landschaftsschutzgebiet, für die Zufahrt über die Wannbachstraße muss eine mindestens 8 Meter breite Brücke über den Bach gebaut werden, vor Baubeginn. Der Bach ist der eigentliche Schutzzweck des wesentlich strenger geschützten Naturschutzgebietes. Verzögerungen durch Klagen sind auch hier vorprogrammiert. Die Verzögerung durch gerade genannte Punkte bemisst sich nicht in Monaten, sondern in Jahren. Was die Schule aber nicht hat, ist Zeit.
Auf die anderen beiden Grundstücke, die ich hier nicht einmal nennen darf, treffen diese Probleme augenscheinlich ebenfalls zu, bei dem einem sogar möglicherweise in stärkerem Maße. Das andere hat zusätzlich noch größere Probleme mit der Integration ins Stadtgefüge, der Anbindung und in Bezug auf die Lärmbelastung, als das Große Feld. Auch wenn ich sicher bin, dass jetzt die halbe Stadt spekuliert, ob die Wiese um die Ecke als Schulstandort im Gespräch ist, hat die Verwaltung auch hier die Öffentlichkeit noch nicht informiert. Wenn es einen sicheren Weg gibt, den halben Stadtteil schon im Vorfeld skeptisch gegenüber einem Projekt werden zu lassen, dann ist das eine kurzfristige Information kurz vor der Beschlussfassung, schlimmstenfalls unverhofft über die Tagespresse. Das droht auch bei den zwei bisher unbekannten Standorten, wenn die Informationspolitik sich nicht ändert. Informationssperren erzeugen zu Recht kein Vertrauen.
Zusätzlich zu bereits genannten Verzögerungen kommt, dass die beiden neuen Standorte erst noch geprüft werden müssen. Auch das kostet Zeit, und Zeit ist hier kostbar. Wir haben bereits durch die Prüfung einer Neubaulösung fast ein Jahr verloren, bis die Standortuntersuchungen abgeschlossen sind, geht noch mehr Zeit ins Land. Und noch mehr Schülerinnen und Schüler in das alte, unsanierte Gebäude der TFG. Und niemand wird mehr als Notfallreparaturen an einem Gebäude vornehmen, dass aufgegeben werden soll.
Nicht zuletzt stimmt es nicht, dass das pädagogische Konzept der TFG am jetzigen Standort nicht umsetzbar wäre. Der Vorentwurf für Variante 1, also Sanierung am Standort, stammt aus einer Zeit vor Erstellung des derzeitigen Konzepts. Natürlich kann es dann nicht umgesetzt sein, die Anforderungen waren bei der Entwurfserstellung ja noch nicht bekannt. Das KVL-Gutachten zeigt hier aber Lösungen auf. Die gerade einmal 40 Jahre alten Gebäudeteile können wahrscheilich aufgestockt werden. Zusätzlich kann der sogenannte „Dreigeschosser“ der Realschule abgerissen und an dieser Stelle weitere neue Gebäudeteile errichtet werden. Diese Vorschläge aus dem Gutachten wurden jedoch nicht näher untersucht. Daran bestand, aufgrund der Verengung des Blicks auf Variante 3, bisher kein Interesse, obwohl es dringend nötig gewesen wäre. Auch im Bestandsgebäude können Raumzuschnitte angepasst werden, um Jahrgangscluster und offene Lernräume zu ermöglichen. Wenn der Wille dazu vorhanden ist.
Schülerinnen und Schüler, Kollegium und Eltern wollen nicht, dass die TFG in einem ungeeigneten Gebäude ausharren muss. Und das vollkommen zurecht. Aus zeitlicher Sicht ist für uns aber klar, dass ein Umbau am Standort die einzige Lösung ist, mit der Schülerinnen und Schüler, die jetzt auf dieser Schule sind, in ein geeignetes Gebäude kommen. Das pädagogische Konzept der Schule kann auch dort umgesetzt werden. Einen Neubau auf der grünen Wiese – welcher Wiese auch immer – dürfte hingegen keine Schülerin, kein Schüler, vor dem Abschluss von innen sehen. Das KVL-Gutachten weist darauf hin, eine realistische Einschätzung der Situation ebenfalls. Politik und Verwaltung sollten der Schulgemeinschaft der TFG nicht etwas versprechen, das nicht gehalten werden kann. Wir sollten nicht noch mehr Baustellen aufmachen und da Luftschlösser bauen, wir sollten uns auf eine real mögliche Baustelle einigen und dann unsere Kraft und unsere Ressourcen, die finanziellen, personellen und nicht zuletzt kreativen Ressourcen, darauf konzentrieren, dort das Beste herauszuholen.
FINANZEN [Ulrich Halbach]
Wenn wir heute über die Neuaufstellung der TFG diskutieren, sehen wir uns als Ratsmitglieder in einer doppelten Verantwortung:
Zunächst geht es um eine bestmögliche Lösung für das berechtigte Interesse von Eltern und Schülern, in der Zukunft eine gute Schulausbildung der jungen Generation in einem geeigneten Gebäude zu gewährleisten. Das ist keine Frage. Wir stehen als Grüne an der Seite der Eltern und Kinder!
Aber: Es gibt noch eine weitere Verpflichtung. Wir haben dafür zu sorgen, dass wir nicht eine Haushaltspolitik auf dem Rücken eben dieser jungen Generation bestreiten und heute einen Schuldenberg auftürmen , der alles früher in dieser Stadt Erlebte weit in den Schatten stellt.
Die Verwaltung hat uns umfangreiche Daten aus einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zur Verfügung gestellt, die uns die Entscheidungsfindung erleichtern soll. Aus diesen Daten ergeben sich einige Erkenntnisse, die u.E. viel zu wenig beachtet worden sind.
Da ist erstens die geschätzte Baukostensumme. Bei Projektkosten auf der Basis einer Generalunternehmervergabe wird uns vermittelt, dass Variante 3 – der Neubau auf der grünen Wiese – 57,8 Mio.€ kosten soll. Warum man uns, die wir nicht alle im Umsatzsteuerrecht zu Hause sind, eine solche Zahl präsentiert und sie nicht korrigiert, obwohl sie schlichtweg falsch ist, bleibt mir schleierhaft. Tatsächlich muss man leider 19% MwSt. hinzurechnen, da die Stadt nicht wie Gewerbetreibende vorsteuererstattungsfähig ist.
So wird mit einem Federstrich aus 57,8 Mio.€ gleich 11 Mio.€ mehr, nämlich 68,8 Mio.€, das alles natürlich ohne Kosten für Tilgung und Zinsdienst, das bringt uns locker über die 70 Mio.-Grenze.
Wenn mit dieser Zahl operiert wird, muss man sich allerdings vergegenwärtigen, wie es heutzutage auf dem Baumarkt aussieht. Das Beratungsunternehmen hat folglich darauf hingewiesen, dass in diesen Jahren und während der Bauphase mit weiteren Kostensteigerungen von jährlich 3 – 5% gerechnet werden muss. Bezogen auf den wahrscheinlichen Fertigungstermin 2025/2026 muss mit ca. 12,5% bis 25% Kostensteigerung aus der Sicht von heute gerechnet werden. So werden 68,8 Mio.€ im Nu zu 77,4 Mio.€ oder im ungünstigen Fall sogar zu 86 Mio.€.
Die Differenz der Neubauausführung zur Variante Sanierung + Erweiterung am bisherigen Standort macht laut Darstellung der Verwaltung „nur“ 20 Mio.€ aus.
Bei genauer Nachrechnung kommt man aber tatsächlich auf eine Differenz von 25 – 32 Mio. €. Die Neubauausführung auf der grünen Wiese ist im Ergebnis also ziemlich exakt 60% teurer als die Variante 1.
Wer bei diesen Größenordnungen nicht ins Nachdenken kommt, dem ist wohl kaum zu helfen.
Wenn wir bedenken, dass wir in einer Baukonjunkturphase ohnegleichen sind, wird es nicht schwer fallen, eine Größenordnung von 80 – 90 Mio.€ für den Neubau auf der grünen Wiese zu erreichen.
Da Schwerte das Geld dafür nicht besitzt, müssen langfristige Investitionskredite aufgenommen werden. Zu Beginn des Haushaltsjahres 2021 hatte die Stadt neben 67 Mio.€ Liquiditätskrediten allein 63 Mio.€ Investitionskredite aufgenommen. Durch einen Neubau der TFG auf grüner Wiese springt die Verschuldung durch Investitionskredite von 63 Mio.€ auf ca. 145 Mio.€. Dabei ist nicht gerechnet, dass die Stadt noch eine Reihe anderer mächtiger Großprojekte stemmen will, wie Z.B. den Neubau der Albert-Schweitzer-Schule mit ca. 17 Mio.€.
Zur Schuldenaufnahme hört man immer wieder: Kredite kosten praktisch kein Geld, und tatsächlich hat wohl der Kämmerer mit 0,2% Zinsen gerechnet. Das sind natürlich historisch niedrige Zinsen, wie es sie in der 5000-Jahre alten Zinsgeschichte wirklich noch nicht gegeben hat. Aber zu glauben, dass bliebe auf alle Ewigkeit so, erscheint doch sehr vermessen und kühn.
Das Risiko von Zinsänderungen über einen so langen Zeitraum – bei der Neubauvariante spricht man immerhin von 80 Jahren Abschreibungsdauer – bleibt gravierend und kann alle langfristigen Finanzpläne über den Haufen werfen. Wollte man nun aber über eine Laufzeit von 40 Jahren bei kalkuliert niedrigen Zinsen diese Schulden tilgen, bedeutet das bei linearer Tilgung Jahr für Jahr jeweils über 2 Mio.€ Liquiditätsbelastung, die wir in der Stadt für die Investitionsentscheidung dieser Tage bei einem Neubau aufzubringen hätten.
Ein weiteres Unding aus kaufmännischer Sicht ist die unverhältnismäßig hohe Abschreibungsdauer, die man für den Neubau mit 80 Jahren zugrunde legt.
Damit schafft man es, beim Neubau zu einer rechnerisch leicht niedrigeren Belastung im Haushalt als bei der Sanierung und Bau am alten Standort zu kommen. Der Sinn von Abschreibungen besteht bekanntlich darin, die Ausgaben für die Anschaffung eines Wirtschaftsguts über dessen Nutzungsdauer zu verteilen. Glaubt jemand im Ernst, dass der Bau von heute, welcher auch immer das sein mag, über 80 Jahre genutzt werden kann, ohne dass wesentliche bauliche Veränderungen, die zu neuen Kosten führen, erforderlich sind. Ganz abgesehen davon, dass wir nicht wissen, wie sich die Schülerzahlen in 20, 30, 40 Jahren entwickeln werden.
Man braucht sich doch nur die früheren Schulbauten im Stadtgebiet anzuschauen. Oft bleiben sie nicht mal 20 Jahre unverändert seit ihrem Erstellungsdatum erhalten.
Wenn Variante 1 längst ausfinanziert ist, schleppen wir noch weitere 30 Jahre mit einer Belastung von rd. 1 Mio.€ jährlich mit uns herum. Ist das nicht eine schwerwiegende Hypothek für die nachfolgenden Generationen?
Ich habe eingangs gesagt: Wir haben Verantwortung für die Kinder, die zur TFG-Schule gehen wollen, und wir haben Verantwortung für die städtischen Finanzen über den Tellerrand von 2021 hinaus. Das kann im Ergebnis doch nur heißen: Wir müssen unbedingt mit Fachleuten wie Baumangement-Unternehmen und Architekten, möglichst mit schulpädagogischer Expertise, ausloten, ob die kostengünstigere Variante mit Sanierung und Erweiterung am ohnehin idealen Standort nicht möglich ist. Wir können uns nur das leisten, was wir auch finanzieren können.
Die gewaltige Summe von 50 Mio.€ stellt ohnehin eine so erhebliche Dimension dar, dass wir uns nicht vorstellen können, hiermit das gewünschte Klassenziel etwa nicht erreichen zu können, das da heißt:
Ein zukunftstaugliches Schulgebäude, und sei es eines, das vielleicht nicht das absolute Optimum darstellt, denn das absolute Optimum können wir uns nicht leisten. Um die Dimension von 80 Mio.€ deutlich zu machen, über die wir zu entscheiden haben, sei in Erinnerung gerufen, das Allwetterbad hat keine 10 Mio.€ gekostet (nämlich exakt 18 Mio. DM).