Haushaltsrede 2023

Hier könnt Ihr unsere Meinung zum Haushalt 2023 nachlesen. Die Haushaltsrede wurde von Bruno Heinz-Fischer im Rat vorgetragen.


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Kämmerer,
sehr geehrte Damen und Herren,

der Haushaltsentwurf für das begonnene Jahr ist ein umfangreiches Werk, in das viel Arbeit und Engagement und Herzblut geflossen ist. Dafür danken wir der Verwaltungsspitze und allen in der städtischen Verwaltung, die dazu ihren Beitrag geleistet haben!

Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, das Ergebnis kritisch zu bewerten. Und da stellen wir fest: Die Zahlen sind mehr Schein als Sein! Der Haushaltsentwurf schließt mit knapp 1 Mio. €  im Plus ab, was wie ein Erfolg aussieht. Ehrlicherweise müssten wir sagen: Es sind nur knapp eine Million Plus!
Denn dieses Plus kommt nur zustande durch außerordentliche Erträge nach der Covid-Ukraine-Isolierung in Höhe von 5,8 Mio. €. Das heißt schlicht und einfach: Der Haushalt hat ein strukturelles Defizit!
Wir sind weit davon entfernt, die Gründe für dieses eklatante strukturelle Defizit allein der

Stadtspitze anzulasten. Wir fordern allerdings, dass dies ehrlich zur Sprache kommt – und dass einige Korrekturen vorgenommen werden, damit unser Haushalt nicht in kurzer Zeit mit Vollgas vor die Wand fährt.

Dazu möchte ich die folgenden drei Punkte näher ausführen:
1. Die Perspektive der Verwaltung: Die Verwaltung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der den gesetzlichen Anforderungen genügt.  Er berücksichtigt zudem einige große notwendige Investitionsvorhaben, mit der wichtige Zukunftsaufgaben vorangebracht werden.
2.  Unsere Bewertung dieser Perspektive: Der Haushaltsentwurf zeichnet – sowohl in der haushalterischen als auch in der politischen Betrachtung – ein eindeutig zu positives Bild: dieses  berücksichtigt  nur den angenehmen Teil der Wirklichkeit und führt zu  Entscheidungen, die sich voraussichtlich mittelfristig aus haushalterischer Sicht als nicht tragfähig erweisen werden.
3. Deshalb  braucht der Haushaltsentwurf  Korrekturen – und es braucht über den Haushalt hinausgehende Maßnahmen. 

Zu 1. Perspektive der Verwaltung
Die Verwaltung wirbt für ihren Entwurf mit vielen positiven Positionen:

  • Das negative EK  ist abgebaut , wir sind aus der Haushaltssicherung entlassen –  erstmals wieder nach langen Jahren.
  • große Investitionen, insbesondere Schulbauten als eine zentrale kommunale Zukunftsaufgabe, werden geplant und realisiert; 
  • Auch in der mittelfristigen Finanzplanung werden ausgeglichene Haushaltspläne vorgelegt.
  • Weitere Zukunftsinvestitionen (Stadtentwicklung, Sport, Kultur, Kinder/Jugend = Spielplätze  …) sind im Plan.
  • Aus dem Erwerb des Hoesch-Geländes stehen positive Ergebnisbeiträge für die nächsten Haushalte an.
  • Keine Steuererhöhungen erforderlich – so die Werbebotschaft unseres Bürgermeisters.

Ja, diese Perspektive kann man aus diesem Haushaltsentwurf lesen – und es tut auch gut, sich dieser positiven Entwicklungen immer wieder bewusst zu werden. 
Aus grüner Sicht können wir ergänzen:  Dieser Haushalt bringt auch endlich das Familienbüro an den Start und sichert die schulische Sozialarbeit immerhin auf dem bisherigen Niveau. Und: Unser städtischer Klimaschutzbeauftragte, Herr Hübner, hat unseren Impuls zu Balkonsolaranlagen sehr konstruktiv aufgenommen; sein Vorschlag für ein Förderprogramm Photovoltaik hat in den Ausschüssen eine große Mehrheit gefunden und wird hoffentlich heute erfolgreich auf den Weg gebracht.

Zu 2. Unsere Bewertung dieser Perspektive Schonungslos betrachtet befinden wir uns bestenfalls in einer kurzen Pause vor dem nächsten Haushaltssicherungskonzept“ –    so eine These aus unserer Haushaltsklausur.
Worin begründet sich diese kritische Sicht?

  • Das sehr positive Jahresergebnis 2020 stützt sich auf eine erhebliche Ausschüttung aus der AöR Abwasser; ein Vorgang, der im Konzern Stadt durchaus Sinn ergibt –  sich aber leider nicht wiederholen lässt.
  • Das ebenfalls sehr positive Jahresergebnis 2021 hängt  u.a. mit dem Erwerb des Hoesch-Geländes zusammen, auch dieser Effekt wird uns in dieser Größenordnung nicht erneut zugutekommen.
  • Die Jahresergebnisse ab 2023  (Gewerbesteuer)  bis voraussichtlich 2026  sind im laufenden Verwaltungshaushalt nicht ausgeglichen. Erst durch die sogenannten außerordentlichen Erträge aus der Covid- und Ukraineisolierung gelingt lt. Plan der HH-Ausgleich. Die Unterdeckung in den laufenden Verwaltungshaushalten beträgt jeweils mindestens 5 Mio. €.
  • In den Folgejahren, auch schon in der mittelfristigen Finanzplanung, werden zunehmend die Abschreibungen auf die großen Investitionsvorhaben und auf die Isolierungsmaßnahmen seit 2020  die Jahresergebnisse zusätzlich in Millionenhöhe belasten, mit deutlich steigender Tendenz, wenn die großen Baumaßnahmen fertiggestellt  werden.
  • Die Aufwandsentwicklung wird in den kommenden Jahren stark beeinflusst von Inflation und Ukrainekrieg. Im Haushaltsentwurf sind bei den Ansätzen für die Finanzierungs- und Personalkosten,  für die Energiepreise und die Gewerbesteuern die Orientierungsdaten berücksichtigt, das ist zwar formal zulässig,  wird aber der absehbaren realen Entwicklung nicht gerecht. Auch hier ist aus unserer Sicht die Bewertung der Verwaltung in der Mittelfristplanung zu positiv.
                         
    Die Haushaltslage ist also nicht so rosig, wie uns die Verwaltung mit ihrer Perspektive und werbenden Darstellung (s.o.) glauben (oder hoffen) lassen möchte.
    Der jetzige Ansatz des Jahresüberschusses liegt inzwischen bei knapp 1 Mio. EUR und die weiteren schon jetzt erkennbaren Risiken können leicht das positive Ergebnis in ein Minus umkehren.
    Zudem muss der Blick in die Haushaltsentwicklung deutlich über die kommende Kommunalwahl in 2025 hinausreichen.

    Bei einer Betrachtung durch eine rosa Brille riskieren wir offenen Auges, jetzt Aufgaben/Projekte zu groß und damit zu kostenträchtig zu dimensionieren und auszuführen – um dann schon in kurzer Zeit feststellen zu müssen, dass wir das Geld für andere vorrangige Pflicht- und Zukunftsaufgaben so nicht mehr zur Verfügung haben.

    2 Beispiele:
  • Das intelligente Verkehrsleitsystem IVLS: Zu groß dimensioniert für das vorhandene Straßennetz mit seinen geringen Steuerungsmöglichkeiten über innerstädtische Alternativrouten, überfordert angesichts der Belastung auch durch die überregionalen Trassen,  –  und zudem unausgegoren durch den Verzicht auf die Steuerung mit Hilfe von Parkgebühren in der Innenstadt.
  • Die Sportanlage Wandhofen: Die Verlagerung der beiden Fußballplätze in den Wandhofener Bruch ist Voraussetzung für den Wohnungsbau an diesen Standorten. Die Kombination dieser beiden stadtplanerischen Aspekte im Gesamtkonzept ist ja gut. Und natürlich braucht es für die beiden fusionierenden Vereine eine zweckmäßige und gut ausgestattete neue Anlage. Dass diese 1 ½  Spielfelder erhält, erhöht den Nutzwert durch die Konzentration auf einen Standort und durch die größere Flexibilität dort. Dennoch glauben wir mit Blick auf die bekannte Haushaltslage der Stadt, dass hier  „Maß und Mitte“  bei der Ausstattung bei weitem nicht eingehalten werden.            


Zu 3.:  Notwendige Korrekturen im Haushaltsentwurf und weitere Maßnahmen:

3.1.  Wir wollen Sperrvermerke beschließen für das Intelligente Verkehrsleitsystem, Maßnahmenbaustein III integriertes Parkleitsystem  und  die Erneuerung von Sporthallen.
3.2  Die Investitionsmaßnahme Asphaltierung Lehrerparkplatz FKS  wird verschoben  auf 2025/2026. Die Investitionsmaßnahme Straßenerneuerung Am Winkelstück  wird verschoben auf 2024.
3.3  Für die Investitionsmaßnahmen Sportarena Wandhofen wird eine Kostenobergrenze festgesetzt.      

Uns ist bewusst, dass eine verringerte Investitionssumme keine unmittelbare Haushaltswirkung bringt.  Die Wirkung Richtung Haushaltsdisziplin ist trotzdem nicht zu unterschätzen: Mit jeder klug bemessenen Investition geben wir ein Beispiel, ein Vorbild für eine Ausgabendisziplin, die zu unserer Kassenlage passt.

Für die nächsten Sitzungsläufe werden wir Anträge und Anfragen vorbereiten bzw. unterstützen,   

  • zum einen zur Struktur und zum Informationsgehalt des Stellenplans, der zwar den amtlichen Vorlagen entspricht, für die Ratsmitglieder allerdings nur eingeschränkt einen Einblick ermöglicht,
  • zum anderen zur Digitalisierung der Verwaltung und deren Auswirkung auf den Personaleinsatz  und –   bedarf, eingebunden in eine gründliche Aufgabenkritik der städtischen Verwaltung
  • und des weiteren zur regelmäßigen, kleinschrittigen und transparenten Information über die  Kostenentwicklung bei allen Investitionsmaßnahmen mit dem Ziel, bei drohenden Kostensteigerungen kurzfristig reagieren zu können.

    Mit den oben genannten Veränderungen werden wir dem Haushaltsentwurf 2023 zustimmen.

    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.             

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